Flötistin Andrea Lieberknecht bei der Alpenklassik in der Alpenstadt Bad Reichenhall
© Bayerisches Staatsbad Bad Reichenhall
München/Bad Reichenhall – Auch im Sommer 2018 ist die renommierte Flötistin Andrea Lieberknecht wieder Dozentin der Summer School und Solistin beim Eröffnungskonzert und in zwei Kammerkonzerten. Im Gespräch mit der Heimatzeitung spricht sie über die Werke, die sie heuer im Konzert spielen wird und über ihre Eindrücke zur Festivalwoche.
Frau Lieberknecht, welche Erinnerungen sind Ihnen noch lebendig, wenn Sie an ihren letzten Aufenthalt in Bad Reichenhall denken?
Lieberknecht: Wenn ich an die Alpenklassik-Festivalwoche mit der International Summer School 2016 zurückdenke, dann habe ich einen bunten Strauß an lebendigen Erinnerungen in meinem Kopf – angefangen beim bezaubernden Bad Reichenhall in schönstem Sommerwetter – über das interessierte Publikum, das eifrig Kursen und Konzerten lauschte und auf der Straße und in den Restaurants den Kontakt zu uns Musikern suchte und uns in manch interessantes Gespräch verstrickte – bis hin zu den erfüllenden Konzerten mit inspirierenden Kollegen und den wunderbaren Bad Reichenhaller Philharmonikern! Ich erinnere mich an intensive Unterrichtsstunden mit hochtalentierten jungen Flötisten aus aller Welt und an die Freude, wenn sie das Gelernte in den Konzerten zur Geltung bringen konnten. Und so kann ich nur sagen: Ich freue mich riesig in diesem Jahr wieder dabei zu sein!
Welche Werke werden Sie heuer in den Konzerten spielen?
Lieberknecht: Besonders freue ich mich auf das schöne Programm, das dieses Jahr auf die Flöte wartet. Natürlich dürfen in Claude Debussys 100. Todesjahr nicht seine „Syrinx“ für Flöte solo sowie eines seiner letzten Werke, nämlich die Sonate für Flöte, Bratsche und Harfe fehlen.
Die Stücke von Claude Debussy spielen Sie im Kammerkonzert. Was bedeutet „Syrinx“ genau?
Lieberknecht: Das 3-minütige Werk „Syrinx“ schrieb Debussy einst für ein Schauspiel von Gabriel Mourey und gehört zu einer Szene, in welcher der Hirtengott Pan mit seiner Flöte, der „Syrinx“, aus dem Hintergrund eine sehnsüchtig-verführerische Melodie bläst, während sich zwei Nymphen auf der Bühne verzaubert, aber auch ein bisschen ängstlich von seinen Klängen faszinieren lassen. Ich werde das Werk ebenfalls aus dem Hintergrund spielen, weil es dann noch besser die Melancholie des verschmähten Liebenden entfaltet.
Können Sie auch die Triosonate etwas näher beleuchten?
Lieberknecht: Die Triosonate gehört zu Debussys letzter Werkgruppe, die eigentlich 6 Kompositionen beinhalten sollte. Doch Debussy konnte nur drei vollenden. Die Besetzung Flöte, Bratsche und Harfe ist eine äußerst aparte Besetzung, die verführerisch „französisch“ klingt. Aber in diesem Werk suchte Debussy bewusst die Nähe zum französischen Barockkomponisten Rameau und gab der Sonate drei barock inspirierte Sätze – eine eher frei präludierende Pastorale, ein stilisiertes Menuett mit typischen barocken Elementen und einen furiosen Schnelltanz. Obwohl dieses Werk zu einem Standardwerk des Flötenkammermusik- Repertoires gehört, ist es in Form und Struktur immer wieder eine Herausforderung an alle Spieler. Ich freue mich darauf mit Hariolf Schlichtig und Magdalena Hoffmann quasi „zu einem Instrument zusammenzuwachsen“ und so die besondere Atmosphäre dieses Werkes in der Bad Reichenhaller Konzertrotunde entstehen zu lassen.
Was haben Sie für das andere Kammerkonzert ausgewählt?
Lieberknecht: Ich werde ein weiteres französisches Werk spielen, die Sonatine für Flöte und Klavier von Henri Dutilleux. Geschrieben hat er das Stück 1943 für den Wettbewerb des berühmten Pariser Konservatoriums. Es ist daher gespickt mit klanglichen und technischen Herausforderungen. Nach seiner Uraufführung hat die 9-minütige Sonatine einen wahren Siegeszug angetreten und ist zu einem der wichtigsten und meist gespielten Werke der Flötenliteratur geworden. Henri Dutilleux ärgerte sich darüber, denn er hat sich in den Jahren danach stilistisch stark verändert und stand deswegen nicht mehr zu seiner Komposition. Doch mit Abstand betrachtet kann man nur sagen: Das Werk ist ein Geniestreich und hat mit Recht einen besonderen Platz im Repertoire.
Und worauf dürfen die Zuhörer beim Orchesterkonzert gespannt sein?
Lieberknecht: Auch auf das Konzert mit den Bad Reichenhaller Philharmonikern freue ich mich sehr: Nachdem ich das Orchester 2016 als einen Klangkörper mit besonderem Gespür und Knowhow im klassischen Repertoire erleben durfte, habe ich mir gewünscht, diesmal mit der Harfenistin Magdalena Hoffmann das Konzert C-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart zu spielen. Mozart schrieb das Konzert 1778 während seines Parisaufenthaltes für eine begabte, junge Harfenistin (die bei ihm relativ erfolglos Kompositionsunterricht hatte) und deren Vater, der ein ebenfalls begabter – aber eben doch Amateurflötist war. Demnach ist die Flötenstimme technisch gut zu bewältigen, muss aber mit Fantasie und gutem Geschmack musiziert werden. Der Harfenpart dagegen spielt sich weitaus unbequemer, da Mozart wenig harfentypisches wie z.B. Glissandi oder vollgriffige Akkorde verwendet hat, sondern mehr auf die Charakteristik eines Klavierwerkes gesetzt hat – eine technische Herausforderung für die Harfenistin. Das Werk bekam eine bis heute anhaltende Popularität, besonders den 2. Satz, das Andantino, kann man fast als Hit betrachten.
Noch ein Wort zu den Studierenden….
Lieberknecht: Ende Juni ist der Anmeldeschluss für Bewerber der Meisterkurse. Eine besonders schöne Idee der International Summer School Bad Reichenhall ist, dass ausdrücklich Studierende der Hochschule für Musik und Theater erwünscht sind. Ich werde also mit ein oder zwei besonders begabten Studierenden aus meiner Münchner Flötenklasse anreisen. Darüber hinaus bin ich gespannt, ob wir 2018 wieder eine so bunt gemischte internationale Flötengruppe wie 2016 versammeln können. Lassen wir uns überraschen!